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Anstieg der Verteidigungsaufträge für europäische Elektronikhersteller

Auf einen Blick
- •Europäische EMS-Anbieter verzeichnen steigende Anfragen aus der Verteidigungsindustrie.
 - •Zollner Elektronik AG führt den EMS-Markt in Europa an.
 - •Foxconn bleibt ein dominanter globaler Konkurrent.
 - •Der Verteidigungssektor bietet lukrative Möglichkeiten, erfordert jedoch die Überwindung bürokratischer Herausforderungen.
 - •Europäische Anbieter profitieren von der Bearbeitung maßgeschneiderter, kleinerer Aufträge.
 
Aufträge wachsen
In einem Klima, in dem europäische Elektroniklieferanten den wirtschaftlichen Druck spüren, bietet ein Anstieg der Anfragen aus der Verteidigungsindustrie einen Hoffnungsschimmer. Markus Aschenbrenner, CEO der Zollner Elektronik AG, bemerkte einen signifikanten Anstieg der Anfragen und Aufträge aus dem Verteidigungssektor, was auf eine mögliche Verschiebung des Unternehmensfokus hinweist. Zollner, ein familiengeführtes Unternehmen, ist Europas größter Anbieter von Electronic Manufacturing Services (EMS). Mit Sitz in Bayern produziert es Elektronik und komplette Geräte für verschiedene Industriekunden. Europäische EMS-Unternehmen wie Zollner stehen jedoch in starkem Wettbewerb mit globalen Giganten wie Taiwans Foxconn, das im letzten Quartal allein einen Umsatz von 58 Milliarden Euro meldete, was größtenteils der Produktion von iPhones für Apple und AI-Systemen für Nvidia zu verdanken ist.
Während Unternehmen wie Zollner und GPV hauptsächlich Branchen wie Maschinenbau, Medizintechnik und Automobilzulieferer bedienen, wollen sie nun in die Verteidigung expandieren. Dieser Wandel ist entscheidend, da diese Firmen von den Schwierigkeiten großer deutscher Automobilzulieferer wie Bosch und ZF betroffen sind. Der Umsatz von Zollner sank 2024 im Vergleich zu seinem Rekordjahr 2023 um etwa 15 %, und auch der Umsatz von GPV ging zurück. Sollte dieser Trend anhalten, könnten europäische Kunden übermäßig von EMS-Anbietern aus Asien und Amerika abhängig werden. Europäische Elektronikhersteller konzentrieren sich nun auf Verteidigungsaufträge, obwohl Zollner derzeit nur 4 % seines Umsatzes aus den Bereichen Verteidigung und Luft- und Raumfahrt erzielt.
Martin Eisenhart, Leiter dieser Abteilung bei Zollner, erwartet, dass sich diese Zahl verdoppeln könnte. Der Verteidigungssektor bietet lukrative Möglichkeiten, wobei der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius Pläne ankündigte, bis 2030 35 Milliarden Euro in Weltraumprojekte zu investieren. Elektronik macht etwa 20 % der Verteidigungsausrüstung aus, und dieser Prozentsatz könnte bei Weltraumprojekten noch höher sein.
Marktanalyse
Trotz des Potenzials ist das Verteidigungsgeschäft für europäische EMS-Anbieter langsam in Gang zu bringen, hauptsächlich aufgrund ihrer Unerfahrenheit im Outsourcing der Produktion an EMS-Unternehmen. Franz-Xaver Feiner, Vertriebsleiter bei Zollner, betont, dass Outsourcing entscheidend ist, um die Produktion schnell zu skalieren, eine Anforderung, die von politischen Entscheidungsträgern häufig hervorgehoben wird. Bo Lybæk, CEO von GPV, weist darauf hin, dass die meisten Verteidigungsaufträge immer noch an nationale Lieferanten vergeben werden und der Prozess der Angebotsabgabe sowohl zeitaufwendig als auch bürokratisch belastend ist. Laut einer Umfrage des ZVEI hat sich 60 % der deutschen Elektronikindustrie noch nicht mit dem Verteidigungssektor beschäftigt, was die Notwendigkeit für vereinfachte Beschaffungsprozesse innerhalb der Bundeswehr unterstreicht.
Europäische EMS-Anbieter, obwohl fragmentiert, mit etwa 2.350 Firmen, die oft nur wenige Millionen Euro Umsatz generieren, haben den Vorteil, kleinere, maßgeschneiderte Aufträge zu bearbeiten. Diese Fähigkeit passt gut zu den Bedürfnissen der Verteidigungsindustrie, wo Produkte wie Kampfflugzeuge in weit geringeren Mengen als Konsumelektronik wie Smartphones produziert werden. Zollner und GPV, mit ihren zahlreichen Produktionsstandorten in Europa, könnten tatsächlich zu einer tragfähigen Option für Verteidigungsaufträge werden, da sie gut geeignet sind, kleine Chargen mit hohem manuellem Aufwand zu fertigen. Zollners Manager Eisenhart erklärt, dass das Unternehmen bereit ist, kleine Mengen über längere Zeiträume zu produzieren, um konsistente Produktionsmethoden und die Verfügbarkeit von Komponenten sicherzustellen.
Die Zukunft sieht vielversprechend aus für europäische Elektronikhersteller im Verteidigungssektor, wobei Aschenbrenner Optimismus über schnellere Entscheidungen bei Aufträgen ausdrückt. Lybæk erwartet ebenfalls ein Wachstum im Verteidigungsgeschäft von GPV. **Weiterlesen:** Erfahren Sie, wie Infineon von seinen China-Geschäften profitiert und 1.300 Dollar pro Fahrzeug generiert.
